„Wir haben viel Positives mitgenommen“
Kreisweites Projekt „Endlich leben“ ging mit bewegender Abschlussfeier in der Recklinghäuser Wolfgang-Borchert-Gesamtschule zu Ende
Recklinghausen. Paul Fischer ist nicht nur Lehrer an der Wolfgang-Borchert-Gesamtschule Recklinghausen, sondern auch Ständiger Diakon und hat von daher fast täglich „von Amts wegen“ mit dem Thema „Sterben und Tod“ zu tun.
Noch am Abend zuvor ist er von einer Bekannten, deren Mutter gerade gestorben war, angerufen und um seelsorgerlichen Beistand gebeten worden.
Vor wenigen Jahren war er darüber hinaus auch ganz persönlich von dem Thema betroffen, als er seine eigene Schwester beim Sterben begleitet hat.
Jetzt stand er dazu seinen Schülern Rede und Antwort in einem Interview, das bei der Abschlussfeier des kreisweiten Projekts „Endlich leben“ in der Wolfgang-Borchert-Gesamtschule Recklinghausen verlesen wurde.
Acht von 13 Schulen aus dem Kreis Recklinghausen waren jetzt beim ebenso schwungvollen wie bewegenden und nachdenklich stimmenden Finale des ungewöhnlichen Projekts vertreten. Unter den vielen erstaunlich authentischen, unter die Haut gehenden Schüler-Texten, die von Vertretern verschiedener Klassen vorgetragen wurden, war das Interview mit Fischer einer der anrührendsten.
Ich war sehr froh, dass ich an ihrem Lebensende bei meiner Schwester sein konnte, und bin dankbar für eine schöne Zeit
bekannte der Lehrer in dem von Joel Michalczak und Federica Lionti vorgetragenen Gesprächs-Text.
Ein anderer Höhepunkt der Veranstaltung war das Interview von Sophia Peschke (Klasse 11 des Hittorf-Gymnasiums Recklinghausen) mit ihrem Mitschüler Thomas Kammerer, der im Sommer die Duisburger Loveparade besucht hatte.
Ich habe es im ersten Moment gar nicht realisiert, was für eine Bedeutung das alles hat und wie schlimm das war
kommentierte Thomas die damaligen Ereignisse.
Dann ging es mir sehr zu Herzen, und ich musste mit den Tränen kämpfen. Ich habe dort gefeiert, während ein paar 100 Meter weiter Leute gestorben sind.
Projektleiter Gerd Felder zog in seiner Ansprache ein positives Fazit.
Das Bild der Schüler von Hospizen habe sich total gewandelt, betonte Felder. Auch sei es weitgehend gelungen, der Sprachlosigkeit der Gesellschaft beim Thema Sterben entgegenzuwirken und junge Menschen für das Tabu-Thema zu sensibilisieren.
Wir müssen uns stets bewusst sein, dass unser Leben endlich ist, aber auch, dass es darauf ankommt, endlich wirklich zu leben – nicht nur im Hospiz
erklärte der Projektleiter.
,Endlich leben‘ – dieses Projektmotto verdient es, unser Lebensmotto zu werden.
Geschäftsführer Norbert Homann und Marianne Michel vom Träger des Projekts, dem Hospiz zum heiligen Franziskus in Recklinghausen, hoben hervor, ihnen sei es darum gegangen, jungen Leuten Orientierung zu geben.
„Ich habe aus dem Projekt gelernt, dass man noch mehr die Begegnung mit Jugendlichen bei diesem Themenbereich suchen muss“, so Michel.
Barbara Keppel und die Klasse 12 der Borchert-Gesamtschule stellten eine um-fangreiche Wort- und Bildausstellung zum Thema „Bestattungskultur auf den Friedhöfen in unserer Nachbarschaft“ vor. Eines der Bilder sowie eine „Projekt-Kerze“ überreichten die Schüler Hospiz-Leiterin Barbara Sonntag als Abschiedsgeschenk.
Eindrucksvoll waren die Schülertexte zu den vier Stufen der Trauer und zum Suizid, zu Martin Zusaks Bestseller „Die Bücherdiebin“ und zur Hospizarbeit.
„Wir haben Dinge gelernt, die es erst einmal zu verarbeiten gilt und über die man sich noch einmal Gedanken machen muss“, hieß es im Bericht von Merle Hüsgen und Max Olschowka (Klasse 10, Theodor-Heuss-Gymnasium Waltrop) über den Besuch im Franziskus-Hospiz. „Andererseits haben wir aber auch viel Positives mitgenommen.
Zum Beispiel, dass es immer einen Ort gibt, an den man gehen kann – bis zuletzt.