Auf einem Hinterhof in La Paz hätte das Leben von Norbert Homann zu Ende sein können. Der ehemalige Geschäftsführer des Elisabeth Krankenhauses hatte sich in der bolivianischen Metropole von zwei Männern überrumpeln lassen. Sie hatten sich als Polizisten ausgewiesen und doch ganz anderes im Sinn. Am Ende war Norbert Homann Geld und Handy los. ” Da hatte ich wohl Glück ” blickt Homann zurück auf einen seiner vielen Einsätze für Krankenhäuser in den Entwicklungsländern der Welt. “Eigentlich bin ich immer vorsichtig” betont der 69-Jährige.
Ob in Bolivien, Laos oder auf der indonesischen Insel Nias. “Mir ist noch nie etwas passiert.” Aber im vergangenen Januar, auf der Plaza San Francisco in der dünnen Luft von La Paz auf fast 4000 Metern Höhe, passierte es. Auf einmal war ein zweiter Mann mit einem Auto da. Homann stieg wie aufgefordert ein und erkannte schnell, dass es nicht zur nahen Polizeiwache ging. Auf einem Hinterhof kam der Wagen zum Stehen. Die Männer durchsuchten seinen Rucksack, schmissen Portemonaie und Telefon anscheinend zurück. Homann konnte gehen und stellte vor der Tür den Raub fest. Es blieb Homanns einziges dramatisches Erlebnis.
Seit 1985 gibt der studierte Diplom-Betriebswirt seine Erfahrungen um Organisation, Führung und Entwicklung im Gesundheitswesen weiter. Bis 2006 noch gegen Bezahlung als aktiver Verwaltungsdirektor des Süder Hospitals. Scheich Al Ali war einer der Auftraggeber, der in Riad ein mit Marmor ausstaffiertes Krankenhaus bauen ließ. Im Gaza-Streifen verhandelte Homann mit den Israelis über Medikamenten-Lieferungen. “Da wusste ich nie, ob ich von den Israelis auch wieder über den Grenzübergang gelassen werde”, erinnert sich der 69-Jährige. Um Geld ging es ihm dabei nie. “Entwicklung kann es nur geben, wenn wir Wissen weitergeben”, sagt Norbert Homann.
Wie gerufen kam die Anfrage des “Senior-Experten-Service” mit Sitz in Bonn. Die gemeinnützige Gesellschaft von deutscher Wirtschaft und Bundesministerien leistet Hilfe zur Selbsthilfe und schickt Ruheständler, wie es Homann seit 2006 ist, ehrenamtlich in Schwellen- und Entwicklungsländer.
15 Besuche über mehrere Wochen hat Homann schon als Entwicklungshelfer geleistet. Bezahlt wurden stets nur Flug und Unterkunft. Allein siebenmal merzte er Missmanagement im Arco-Iris-Hospital aus, in einem katholischen Krankenhaus in La Paz in Bolivien. Homann beobachtet dann Operationsabläufe, sucht Ambulanzen und Stationen nach schweren hygienischen Defiziten und Einsparpotenzialen ab. Dabei scheut er sich nicht, erste Mängel direkt anzusprechen. “Aber man darf nicht sagen, man hätte etwas nicht richtig gemacht.” Ärzte und Pflegekräfte müssten selbst ihre Fehler erkennen. “Oft sind es die einfachsten Dinge, die man ändern kann.” Nicht selten stoße er dabei auf “Beharrungstendenzen”, wie der Fachmann sagt. “Aber die gibt es auch bei uns”
Mitten im Gespräch schellt Homanns Handy. Wieder wird in Indonesien sein Wissen benötigt. “In diesem Jahr wird’s nichts mehr”, sagt Homann und rückt seine Brille zurecht.
Als ehrenamtlicher Geschäftsführer des Hospiz zum hl. Franziskus ist er in diesem Jahr in Recklinghausen unabkömmlich. Im Dezember soll der Neubau eröffnen.
Quelle:
Michael Richter, Recklinghäuser Zeitung vom 29.07.2013