Schulprojekt “Endlich leben”

Jungen Menschen Orientierung geben

Hospiz zum heiligen Franziskus eröffnet Schul-Projekt „Endlich leben“

Recklinghausen. Das Hospiz zum heiligen Franziskus in Recklinghausen hat das
Schul-Projekt „Endlich leben“ offiziell gestartet. „Wir wollen jungen Leuten Orientierung
geben“, erklärte der Geschäftsführer des Hospizes, Norbert Homann, vor
Journalisten in Recklinghausen. „Wir alle müssen lernen, mit dem Sterben umzugehen,
und dabei dürfen wir die Jugendlichen nicht außen vor lassen.“ An dem
kreisweiten Projekt, das bewusst fächerübergreifend angelegt ist, sind 13 Gymnasien,
Realschulen und Gesamtschulen mit 20 Klassen und über 400 Schülern aus
dem ganzen Kreis Recklinghausen beteiligt. Bis Ende November arbeiten die
Schüler der Klassen 9 bis 12 unter Anleitung des Journalisten-Teams „Zirkel” aus
Münster zum Themenbereich „Sterben und Tod”.

Projektleiter Gerd Felder betonte, das Franziskus-Hospiz und das „Team Zirkel“
wollten mit dem Schul-Projekt der Sprachlosigkeit der Gesellschaft beim Thema
Sterben, die kürzlich noch Bundesgesundheitsminister Philip Rösler (FDP) beklagt
habe, entgegenwirken. „Dieses Tabu gilt es zu brechen“, so der Journalist
und Theologe aus Münster. Es gehe darum, die Öffentlichkeit durch ein solches
Projekt für ein heikles und oft verdrängtes Thema zu sensibilisieren. „Der Tod gehört
zum Leben und leider auch zum Leben von Schülern“, hob Felder hervor. Bei
seinen bisherigen Klassenbesuchen habe er den Eindruck gewonnen, dass das
Thema „Sterben und Tod“ den Schülern nach Ereignissen wie dem Amoklauf von
Winnenden, dem Suizid des Fußball-Nationaltorwarts Robert Enke oder der
Loveparade in Duisburg spürbar näher gerückt sei als je zuvor. „Den Satz: ,Der
Tod – was hat das mit uns zu tun?´´, habe ich bis jetzt noch in keiner Klasse gehört“,
ergänzte Felder.

Auch die Leiterin des Hospizes zum heiligen Franziskus, Barbara Sonntag, hob die
Bedeutung hervor, die die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen an einem so
schwierigen Thema habe. „Ich erlebe hier tagtäglich 40- und 50-jährige, die erstmals
mit dem Sterben konfrontiert werden. Da ist es wichtig, junge Menschen
schon früh an diese Probleme heranzuführen.“ Die Koordinatorin des Hospiz- und
Palliativberatungsdienstes, Marianne Michel, und Pflegedienstleiterin Heike Lenze
bestätigten, dass viele Schulgruppen nach einem Hospiz-Besuch bewusster mit
dem Thema „Sterben und Tod“ umgingen. „Sie können dann durchaus als Multiplikatoren wirken“, sagte marianne Michel.

Wie Projektleiter Felder ausführte, befragen die Schüler im Rahmen des Projekts
Bestatter und Kripo-Beamte, Pfarrer und Pfleger, Psychologen und Krisenhelfer,
aber auch Verwandte und Freunde, besuchen Friedhöfe, Gedenkstätten und Beerdigungsinstitute und informieren sich vor allem ausführlich über die Hospizarbeit.
Bis Ende November werden sie darüber hinaus als Autoren tätig und schreiben an
einem „Hospiz-Buch“, das Texte in allen journalistischen Schreib- und Stilformen,
aber auch Kurzgeschichten und Gedichte, Fotos, Bilder, Collagen und Zeichnungen
enthalten soll. „Egal ob es um Amokläufe an Schulen und Todesfälle im eigenen
Umfeld, Bestattungskultur und Sterbehilfe, Trauer und Jenseitsvorstellungen,
Todesstrafe oder Suizid geht: Mit all diesen Aspekten können sich die Schüler der
Klassen 9 bis 12 im Unterricht auseinandersetzen“, sagte Felder. Parallel dazu erhalten
sie verschiedene Zeitungen, um sie auf ihre Berichterstattung über den
Themenbereich „Sterben und Tod“ hin durchzuarbeiten. Zwei Straßenumfragen in
Castrop-Rauxel und Marl runden das Projekt ab. Das Buch soll dann zum 25-
jährigen Bestehen des Franziskus-Hospizes im nächsten Jahr veröffentlicht werden.

Das Hospiz zum heiligen Franziskus, das 1986 gegründet wurde, ist das in dieser
Form älteste Hospiz in Deutschland und hat nach den Worten von Mitgründer
Norbert Homann die Hospizbewegung in Deutschland nachhaltig geprägt. „Trotzdem
müssen wir uns immer wieder neu in die Gesellschaft einbringen und die
nächstfolgenden Generationen ansprechen, denn die Erinnerung an den Hospiz-
Gedanken verblasst sonst rasch“, unterstrich der Geschäftsführer. Gerd Felder